Dass Barrierefreiheit im Alltag ein wichtiges Thema ist, ist längst allen klar. Im Internet sieht das allerdings anders aus. Die Europäische Union will das ändern. Für Onlinehändler bedeutet das Umrüsten – die neuen Verpflichtungen bieten aber auch erhebliche Chancen.
In Artikel 3 unseres Grundgesetzes steht geschrieben: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Was im realen Leben gang und gäbe ist, ist online noch nicht vollständig angekommen. Um das zu ändern rief die EU bereits 2019 den „European Accessibility (EAA)“ ins Leben. Aufgabe des EAA ist es, die Grundrechte von Menschen mit Behinderungen in der digitalen Welt zu vertreten. Neben verschiedenen anderen Internetdienstleistungen ist auch der E-Commerce von diesen Maßnahmen betroffen und muss Menschen mit Behinderung einen maximalen Nutzen ermöglichen. Dafür haben die Mitgliedsstaaten der EU bis 2022 Zeit, rechtliche und nationale Grundlagen zu schaffen. Bis 2025 müssen diese dann umgesetzt werden.
Barrierefreiheit als Qualitätsmerkmal von Onlineshops
Laut statistischem Bundesamt gelten fast 10% der deutschen Bevölkerung als schwerbehindert. Menschen mit leichter Sehbeeinträchtigung oder Hörschädigung sind hier noch nicht eingerechnet. Je nach Art der Behinderung variiert die Internetnutzung, Insgesamt lässt sich allerdings sagen, dass die generelle Internetnutzung durch Menschen mit Behinderung bei circa 70% liegt. Wären alle Internetangebote barrierefrei, würde die Zahl vermutlich noch deutlich höher liegen. Denn die Betroffenen nehmen das Internet als Chance wahr. Ist die Umstellung für die Betreiber auch erstmal mit Arbeit und Investitionen verbunden, so bietet sie doch eine enorme Chance. In den kommenden Jahren ist zu erwarten, dass eben diese Barrierefreiheit als Qualitätsmerkmal gesehen wird, auch Algorithmen werden entsprechend angepasst. Wer seinen Onlineshop also barrierefrei gestaltet, betreibt nebenbei auch noch Suchmaschinenoptimierung (SEO). Nicht zuletzt erschließt sich so auch eine neue Käufergruppe.
Wie wird der Onlineshop barrierefrei?
Die Kriterien für einen barrierefreien Webauftritt sind die Prinzipien der Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. Festgelegt sind sie durch die „Web Content Accessibility Guidelines“ und werden in die Stufen A, AA und AAA unterteilt. Empfohlen wird hier die Einhaltung des AA Standards.
Im Grunde muss der Onlineshop auch ohne visuelle Eindrücke voll umfänglich nutzbar sein. Konkret bedeutet die Barrierefreiheit folgendes:
- Wahrnehmbarkeit/ Design: Besonders wichtig ist hier eine erkennbare und zu erwartende Navigation, die den Besucher nicht mit unerwarteten Effekten, Autoplay und Popups irritiert.
- Bedienbarkeit und Usability: Der gesamte Onlineshop muss mit der Tastatur bedienbar sein und eine übersichtliche Struktur aufweisen. Bereiche wie Registrierungen und Checkoutprozesse müssen hinsichtlich der Zahlungsmethoden, Identifizierungsmethoden oder Formulare barrierefrei sein.
- Verständlichkeit und SEO: Alle Nutzer müssen verstehen können, wo sie sich befinden, welche Aktionen sie tätigen können und wie Prozesse funktionieren. Entscheidend hierbei ist eine semantisch hochwertige Struktur des HTML-Codes.
- Robustheit und Codequalität: Die Richtlinien für die Robustheit beziehen sich auf Struktur, Übersichtlichkeit, Lesbarkeit und Wiederverwendbarkeit. Wenn ein Onlineshop diese Kriterien erfüllt, erreichen Betreiber eine optimierte Kompatibilität, weshalb auch hier das semantisch hochwertige HTML zählt. Richtig umgesetzt, wirkt sich das auch positiv auf die Verständlichkeit und damit die SEO-Bewertung aus.
Wer also bereits jetzt einen barrierefreien Webshop betreibt kann selbst Synergien erzeugen. Nicht zuletzt lässt sich dadurch auch die Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit verbessern – denn „niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“.